Der gewaltigste Vulkanausbruch im Sonnensystem: Rekord-Eruption auf Jupitermond Io

Daniel Weihmann

Io Vulkanausbruch-Illustration mit Jupiter im Hintergrund

Io zeigt uns, was wahre Naturgewalt bedeutet: Ein Vulkan, so groß wie Bayern, schleudert in kurzer Zeit so viel Energie ins All, wie die gesamte Menschheit in einer Woche verbraucht. Wer dachte, die Erde hätte extremes Wetter – willkommen auf Io!

Vulkanausbrüche jenseits der Erde: Ein Blick auf Io

Während Vulkanausbrüche auf der Erde faszinierende Naturgewalten darstellen, existieren im Sonnensystem noch gewaltigere geologische Aktivitäten. Einer der herausragendsten Schauplätze für vulkanische Phänomene ist Io, der innerste der vier großen Galileischen Monde des Gasriesen Jupiter.

Mit über 400 aktiven Vulkanen ist Io die vulkanisch aktivste Welt, die wir kennen. Ein Ende 2024 von der NASA-Sonde Juno entdeckter Vulkanausbruch hat selbst für Io neue Maßstäbe gesetzt.

Io: Der vulkanisch aktivste Mond im Sonnensystem

Io ist etwa so groß wie unser Mond und umkreist Jupiter alle 42,5 Stunden auf einer elliptischen Bahn. Diese elliptische Umlaufbahn sorgt dafür, dass der Mond ständig von Jupiters gigantischer Gravitation gezerrt und gestaucht wird. Diese Verformung erzeugt eine immense Reibung im Inneren von Io, wodurch große Teile seines Inneren schmelzen. Diese Gezeitenheizung ist die Ursache für die ununterbrochene vulkanische Aktivität, die Io einzigartig macht.

Die Oberfläche von Io ist übersät mit aktiven Vulkanen, Lavaflüssen und Schwefeldepots, die durch Asche- und Gasausbrüche entstehen. Dies macht Io nicht nur zu einem faszinierenden Forschungsobjekt, sondern auch zu einem wichtigen Schlüssel, um geologische Prozesse auf anderen Himmelskörpern besser zu verstehen.

Der mächtigste Vulkanausbruch aller Zeiten

Am 27. Dezember 2024 machte die NASA-Sonde Juno eine Entdeckung, die Wissenschaftler weltweit in Staunen versetzte: Mithilfe des Instruments JIRAM (Jovian Infrared Auroral Mapper) identifizierte die Mission einen gigantischen Hotspot in der südlichen Hemisphäre von Io. Der Ausbruch, der in dieser Region stattfand, war so intensiv, dass er die Kapazitäten des Detektors an seine Grenzen brachte.

Die Dimensionen des Ausbruchs

  • Fläche des Hotspots: Über 100.000 Quadratkilometer – größer als der Lake Superior in Nordamerika.
  • Energie der Eruption: Sechsmal die gesamte Energieproduktion aller Kraftwerke der Erde zusammen.
  • Leistung des Hotspots: Über 80 Billionen Watt.

Dieser Hotspot übertrifft damit alle bisher bekannten vulkanischen Aktivitäten auf Io, einschließlich des bisher größten Vulkans Loki Patera, dessen Lavafeld „nur“ 20.000 Quadratkilometer umfasst.

© NASA/JPL-Caltech/SwRI/ASI/INAF/JIRAM / Massiver Hotspot auf Io (PIA26527)
Über das Bild der NASA
Das Bild zeigt eine Infrarotaufnahme des JIRAM (Jovian Infrared Auroral Mapper) Instruments an Bord der NASA-Raumsonde Juno. Es wurde am 27. Dezember 2024 während eines Vorbeiflugs an Io, dem vulkanisch aktiven Mond des Jupiter, aufgenommen. Die Aufnahme hebt einen massiven Hotspot in der Nähe des Südpols von Io hervor, der sich als hell leuchtender Bereich in der Bildmitte bemerkbar macht.

Details zur Darstellung

Hotspot: Der auffälligste Teil des Bildes ist der intensiv leuchtende Bereich, der den extremen Vulkanismus auf Io sichtbar macht. Dieser Hotspot ist größer als der Lake Superior in Nordamerika, einer der größten Süßwasserseen der Erde. Er deutet auf eine bedeutende vulkanische Aktivität hin, bei der immense Mengen an Wärme und Material freigesetzt werden.

Gitterlinien: Über das Bild ist ein Netz von konzentrischen Kreisen und Linien gelegt, das vermutlich zur Orientierung und wissenschaftlichen Analyse dient. Es hilft dabei, die genaue Position und Ausdehnung des Hotspots auf Ios Oberfläche zu bestimmen.

Farbgebung: Die Farbpalette umfasst hauptsächlich dunkle, fast schwarze Töne, die den kalten Weltraum darstellen, sowie leuchtend rote und weiße Bereiche, die die Wärmeabstrahlung des Hotspots sichtbar machen. Die Darstellung basiert auf Infrarotdaten, die die Wärmesignaturen von Io messen.


Wie entstehen solche gigantischen Eruptionen?

Der Schlüssel zu Ios vulkanischer Intensität liegt in der Gezeitenheizung. Neben Jupiters Gravitation üben auch die anderen Galileischen Monde (Europa, Ganymed und Callisto) Anziehungskräfte auf Io aus, die den Mond zusätzlich deformieren. Die dabei entstehende Hitze sorgt dafür, dass Teile von Ios Innerem permanent geschmolzen bleiben.

Wissenschaftler vermuten, dass der neu entdeckte Hotspot mit einem gewaltigen Magmakammersystem verbunden ist. Diese unterirdischen Kammern könnten bei der Eruption gleichzeitig aktiv gewesen sein und eine enorme Menge an geschmolzenem Material an die Oberfläche gedrückt haben. Diese Theorie wird durch die Verteilung mehrerer nahe beieinanderliegender Hotspots gestützt, die gleichzeitig aktiv waren.

Die Rolle der Juno-Mission

Die Juno-Mission wurde ursprünglich gestartet, um Jupiter zu erforschen. Seit ihrer Verlängerung hat die Mission jedoch auch die Galileischen Monde in den Fokus genommen. Mit ihrer hochentwickelten Instrumentenausstattung ist Juno in der Lage, sowohl sichtbare als auch infrarote Daten von Io zu sammeln.

Während der bisherigen Mission hat Juno mehrere nahe Vorbeiflüge an Io durchgeführt, darunter zwei besonders enge Flybys im Dezember 2023 und Februar 2024, bei denen die Sonde bis auf 1.500 Kilometer an die Oberfläche herankam. Beim jüngsten Vorbeiflug im Dezember 2024, aus einer Distanz von etwa 74.400 Kilometern, wurden die Daten des gigantischen Hotspots gesammelt.

Veränderungen auf der Oberfläche von Io

Die JunoCam, die Kamera der Sonde, hat während ihrer Vorbeiflüge deutliche Veränderungen auf der Oberfläche von Io dokumentiert. Farbveränderungen in der Region um den neuen Hotspot deuten auf vulkanische Aktivitäten hin, die mit der Eruption verbunden sind. Solche Veränderungen sind typisch für Ios Vulkanismus, da die Oberfläche durch Lavaflüsse, pyroklastische Ablagerungen und Schwefeldioxid regelmäßig umgestaltet wird.

Die Region um den neuen Hotspot ist besonders interessant, da sie Hinweise auf langanhaltende geologische Veränderungen liefern könnte. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Eruption dauerhafte Spuren hinterlassen wird, darunter Lavafelder und Schwefelablagerungen.

Was bedeutet diese Entdeckung für die Wissenschaft?

Die Untersuchung von Io liefert wertvolle Erkenntnisse über vulkanische Prozesse in extremen Umgebungen. Die Ergebnisse der Juno-Mission könnten nicht nur unser Verständnis von Io verbessern, sondern auch Rückschlüsse auf ähnliche Phänomene auf anderen Himmelskörpern ermöglichen. Insbesondere Exoplaneten, deren geologische Aktivität durch Gezeitenheizung geprägt ist, könnten vergleichbare Dynamiken aufweisen.

Darüber hinaus wirft die Entdeckung des gigantischen Hotspots neue Fragen auf:

  • Gibt es eine globale Magmakammer unter Ios Oberfläche?
  • Wie interagieren die vulkanischen Prozesse mit Jupiters Magnetfeld?
  • Wie hat sich der Vulkanismus von Io im Laufe der Jahrmillionen entwickelt?

Ein Blick in die Zukunft

Am 3. März 2025 wird Juno Io erneut passieren, um weitere Daten über den Hotspot und seine Auswirkungen auf die Oberfläche zu sammeln. Diese Beobachtungen könnten helfen, die offenen Fragen zu beantworten und unser Verständnis von Vulkanismus im gesamten Sonnensystem zu erweitern.

Io bleibt ein faszinierendes Labor für die Untersuchung geologischer Extremfälle. Die neuesten Entdeckungen zeigen, wie viel es noch zu lernen gibt – nicht nur über diesen außergewöhnlichen Mond, sondern auch über die Dynamik von Vulkanismus auf anderen Welten.